Gib ihnen was zu tun – Abenteuer interaktiv designen

Was macht Spieler*innen eigentlich am meisten Spaß am Rollenspiel?

Das ist so eine Frage, mit der man nachts wach liegen kann. Ich glaube, ich habe eine interessante Antwort darauf gefunden.

Meine Antwort gilt für alle Arten von Rollenspiel, egal ob Trad-Game, OSR oder Erzählrollenspiel. (Auch wenn ich im Folgenden oft von „Abenteuern“ schreibe, was tendenziell eher ein Trad-Game-Begriff ist. Mir fehlen hier die alternativen Begriffe.)

Beitragsbild Interaktives Abenteuerdesign

Ein Abenteuer oder Dungeon, in dem cooler Kram passiert, und durch das die Spielleitung ihre Spieler*innen hindurchjagt wie durch eine Geisterbahn – das kann höllisch viel Spaß machen.

Aber weißt du, was noch viel mehr Spaß bringt als ein Abenteuer, das die SL bis obenhin gefüllt hat mit dem coolsten Kram?

Wenn die Charaktere deiner Spieler*innen richtig cooles Zeug tun dürfen – dann hagelt es so richtig viel Freude.

Mit diesem Satz möchte ich zwei Erkenntnisse vermitteln.

  1. Wenn du ein Abenteuer schreibst oder einen Spielabend vorbereitest, achte vor allem darauf, den SCs etwas zu tun zu geben. Konzentriere dich auf Szenen oder Herausforderungen, in denen die SCs handeln können.
  2. Gib den SCs die Möglichkeit, bei ihren Aktionen cool dazustehen.

Das zweite ist die Kür; der erste Punkt ist der wichtigste. Deshalb will ich auf dem nochmal rumreiten. Über Coolness reden wir im nächsten Artikel.

Gib ihnen etwas zu tun

Das wichtigste an einem Abenteuer ist das, was die SCs darin tun können.

Das klingt selbstverständlich und nicht der Rede wert. Natürlich geht es im Rollenspiel darum, was die SCs machen. Aber diese Selbstverständlichkeit geht schnell mal verloren, wenn man sich hinsetzt, um ein Abenteuer zu entwerfen. Ich spreche aus Erfahrung. Und wenn ich mir so manches Kaufabenteuer ansehe, geht es mir damit nicht alleine so.

Daher finde ich es so wichtig, diese triviale Wahrheit auszusprechen:

Im Zentrum eines Abenteuers, eines Moduls oder einfach nur deines nächsten Spielabends sollten immer die Handlungsmöglichkeiten der Spieler*innen stehen.

Alles andere drum herum ist zweitrangig.

Abenteuer interaktiv designen

Ich gestehe: Ich stürze mich selbst gerne zuerst auf das Drumherum, wenn ich mir ein Abenteuer ausdenke. Ich überlege mir einen Rahmen für das Abenteuer, also ein Setting, eine Umgebung, vor allem aber einen groben Plot. Dann denke ich mir Dinge aus, die die Spieler*innen in meinem Abenteuer erleben können. Erst danach fallen mir ein paar Sachen ein, die sie auch tatsächlich tun können.

Das ist nicht optimal.

Besser wäre es vermutlich, zuerst einen interaktiven Moment zu designen, und um diesen herum alles andere aufzubauen. Das kann eine Herausforderung sein, eine Entscheidung, ein ergebnisoffenes Gespräch, ganz egal, hauptsache es geht um das aktive Handeln der SCs.

Für mich erfordert das ein Umdenken von dem, was die SCs erleben, hin zu dem, was sie tun.

Handeln statt Erleben

Zwischen Handeln und Erleben gibt es einen feinen Unterschied. Erleben ist eher auf der passiven Seite. Unter Erleben fällt all das, was den Charakteren zustößt. Das, was sie durchmachen oder mitmachen; all das, worauf sie reagieren.

Demgegenüber steht all das, was sie aktiv tun: Was sie planen, beeinflussen, entscheiden, umschmeißen, in Brand setzen.

Aktives Handeln der SCs ist genau das, worum es in deinem Abenteuer gehen sollte. Leider ist es auch genau das, was sich als Spielleitung nur schwer vorbereiten lässt. Denn welche Entscheidungen deine Spieler*innen treffen werden, ist nun mal ihre Sache, und nicht deine.

Trotzdem rate ich dazu, dein Abenteuer so zu designen, dass Momente im Mittelpunkt stehen, in denen die Spieler*innen mit dem interagieren, was du dir ausgedacht hast. Und zwar aktiv, von sich aus, nicht bloß als Reaktion.

Das kannst du freilich immer nur als Angebot vorbereiten. Du bereitest ihnen die Bühne. Wie – und ob – sie auf der Bühne agieren, das müssen sie selbst entscheiden.

Erleben lassen ist nicht railroaden

Der Unterschied zwischen Handeln und Erleben ist nicht der zwischen Sandbox und Railroad. Der Unterschied ist feiner.

Der Verlauf eines Abenteuers muss nicht ergebnisoffen sein, damit es Spaß macht. Aber es muss trotzdem Dinge geben, die die SCs darin aktiv tun können. Solange die Spieler*innen ihre SCs cool in Szene setzen dürfen, ist es zweitrangig, ob das Abenteuer linear ist oder nicht.

Fazit

Klar, das in Kaffeesatz eingelegte und angebrannte Handout, das du auf den Spieltisch zauberst, wird deine Spieler*innen umhauen.

Das Mysterium, das es in deinem Call of Cthulhu Abenteuer aufzudecken gibt, kann so spannend, unerwartet und faszinierend sein, dass die Spieler*innen vier Stunden lang nur Gänsehaut haben.

Der NSC Graf Strahd von Zarovich kann eine so tragisch-romantische Hintergrundgeschichte haben, dass die Spieler*innen weinen, wenn sie sie hören.

Aber in fünf Jahren werden sie sich vor allem daran erinnern, wie sie im Bademantel aus dem Fenster gesprungen sind und direkt in der offenen Tür des vorbeifliegenden Hubschraubers landeten. (True Story.)

Genau solche Momente solltest du – und sollte ich – kreieren.

Damit das besser gelingt, setze ich diese Gedanken ab April in zwei Blogartikeln fort: Einer zum Thema coole Herausforderungen und einer zum Thema cooles Artefakt-Design.
Um diese Artikel nicht zu verpassen, empfehle ich ein Newsletter-Abo. Bis dahin interessieren dich vielleicht meine 7 Tipps für Spieler*innen (Tipp 12 wird dich überraschen), oder die Checkliste für die Session 0.

2 Kommentare zu Gib ihnen was zu tun – Abenteuer interaktiv designen

    1. Danke, das freut mich. 🙂
      Den Vergleich mit der Tapete finde ich sehr gelungen!
      Anders als beim Innendesign sollte man beim Abenteuerdesign nicht mit dem Tapezieren beginnen.
      Ich wünschte, dieses Bild wäre mir selbst vorher eingefallen. 😀

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