Rezension: Whispers of the Dead Saint (Mörk Borg)

Ich kann ja nicht nur Mörk Borg Abenteuer rezensieren, sagst du? Okay, dann gibt es heute mal einen Mörk Borg Roman!

Whispers of the Dead Saint von John Baltisberger

Whispers of the Dead Saint Cover

Eckdaten

Whispers of the Dead Saint erschien im April 2023. Der Roman kommt als Taschenbuch, Ebook, PDF und als Hörbuch; bisher ausschließlich in englischer Sprache.

Mit 95 Seiten ist “Roman” vielleicht etwas übertrieben; Novelle trifft es besser.

Das Genre ist ganz klar Pulp. Dementsprechend ist die Story actiongeladen, geradlinig und gewalttätig.

Worum geht’s?

Das Ding hat unter 100 Seiten, da verrate ich einfach mal nicht mehr über den Inhalt, als dass es an einem meiner Lieblingsschauplätze startet:
Dem Kerker unter Galgenbeck.

Der Protagonist heißt Dödz (im Audiobook ausgesprochen als “Dodds”). Dödz hat sich darauf spezialisiert, Untote zu vernichten. Jemand hat deshalb ein Auge auf ihn geworfen. Das war’s. Mehr verrate ich nicht.

Bonusmaterial

  • Es gibt ein Vorwort von Pelle Nilsson, dem Autor von Mörk Borg, in dem er seiner Freude Ausdruck verleiht, dass es diesen Roman gibt, denn er bezweifelt, dass er selbst je einen schreiben können wird.
  • Zwischen den Kapiteln finden sich Illustrationen, die im Taschenbuch und dem PDF bestimmt toll aussehen. Leider konnte mein E-Reader sie nicht ordentlich darstellen, deshalb kann ich nichts zu ihnen sagen.
  • Im Anhang findet sich ein Dungeon und eine neue Charakterklasse, die beide ebenfalls eher unbrauchbar sind, wenn der E-Reader oder Audiobook die einzige Quelle sind, über die man an sie herankommt. Daher verliere ich darüber kein weiteres Wort.

Mein Eindruck

Wie ist der Schreibstil?

Der Schreibstil ist kompetent und schnörkellos. Manchmal gibt es Wortwiederholungen und den gelegentlichen Tippfehler, aber nichts, was groß von der Lektüre ablenkt.

Gleichzeitig ist der Stil auch nicht besonders kunstvoll. Der Spaß des Buches ergibt sich aus dem, was erzählt wird, und nicht, wie es erzählt wird. Genau richtig für Pulp also.

Taugen die Charaktere etwas?

Die Charaktere sind tiefer, als ich das erwartet hätte. Dachte ich Anfangs noch, außer dem Protagonisten seien alle Figuren nur krude Pappaufsteller, bekommen einige im Verlaufe des Buches noch Tiefgang. Aber auch nur genau so viel, wie der Pulp-Roman braucht, und kein Stückchen mehr.

Ein zusätzlicher Spaß bei den Charakteren ist es, zu erraten, was für eine Charakterklasse sie wohl haben. Bei manchen springt einen das förmlich an. (Der Protagonist Dödz hat natürlich die Charakterklasse, die im Anhang des Buches mitgeliefert wird.)

Ist die Story gut?

Die Story selbst ist eher mau. Sie fängt zwar interessant an, hält das aber nicht durch.

Der größte Schwachpunkt ist, dass die Geschichte aufhört, ohne mir alles erklärt zu haben, was vor sich geht.

Im besten Fall heißt das, dass es noch weitere Novellen geben wird – ich würde sie auf jeden Fall lesen. Im schlimmsten Fall heißt das, dass ich die Geschichte noch schneller vergessen werde, als ohnehin schon.

Ist die Story brutal?

Gewaltbeschreibungen gibt es viele. Auch Folter spielt eine Rolle. Eine ganze Reihe von anderen Brutalitäten wird angedeutet, aber nie so ausgereizt, dass es für mich unangenehm wurde.

Insgesamt ist mein Eindruck: Whispers of the Dead Saint ist genau so makaber wie ein Mörk Borg Roman sein sollte, damit er Spaß macht.

Passt das Worldbuilding zu Mörk Borg?

Bei Rollenspielromanen ist natürlich nicht nur wichtig, ob die Story für sich gut ist, sondern auch, ob sie gut zur Welt des Rollenspiels passt. Und hier fällt mein Urteil wesentlich zufriedener aus: Beim Worldbuilding macht der Autor alles richtig!

Das ist nicht selbstverständlich, denn Mörk Borgs Hintergrundbeschreibung ist zwar stimmungsvoll, aber sehr dünn. Dadurch gibt es zwei mögliche Fallgruben:

  • Das Buch hätte genau so dünn sein können wie das Regelwerk, und damit zu dünn für eine Novelle, oder
  • das Buch hätte ganz viel eigenes Worldbuilding nachreichen können. Dann hätte es sich aber vielleicht von der Sterbenden Welt entfernt, die die Leser*innen erwarten.

Whispers of the Dead Saint fällt in keine dieser Fallgruben, und damit gelingt ihm, wie ich finde, ein Meisterstück.

Die erzählte Welt fühlt sich nicht dünn an, sondern genau dicht genug beschrieben für eine Novelle dieser Länge. Hier und da ergänzt der Autor Details, aber nie so viel, dass er einen neuen Kanon etablieren würde.

Die interessantesten Aspekte des Buches waren für mich die Passagen, die mir zeigten, wie es sich für die Charakte anfühlt, in der Sterbenden Welt zu leben, wie sie in die Zukunft sehen, und was sie vom Leben erwarten. Diese Passagen arten dabei nie in langweilige Nabelschau ab, sondern bleiben immer genau so lange, wie sie interessant sind.

Was ist mit Miseries?

Eine der Kernaspekte des Rollenspiels sind die Miseries. Das sind Prophezeiungen des Weltuntergangs, die nach und nach eintreten.

Ich war neugierig, wie der Whispers of the Dead Saint damit umgehen würde.

  • Würde die Novelle diesen Aspekt ignorieren, und somit fürs Rollenspiel aufsparen?
  • Oder würden Miseries eintreten? Und wenn ja, wären es die aus dem Regelwerk, oder eigene?

Ich verrate so viel: Ja, sie spielen eine Rolle, und ja, es sind die echten Prophezeiungen aus Nechrubels Kalender.

Fazit

Das Ziel von Pulp-Novellen ist, dich für ein paar Stunden gut zu unterhalten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Daran kann man also seine Erwartungen messen. Ein Rollenspielroman, der in der Sterbenden Welt spielt, generiert natürlich zusätzliche Erwartungen.

Die Erwartungen an einen Rollenspielroman hat Whispers of the Dead Saint voll erfüllt. Die Erwartungen an eine Pulp-Novelle immerhin zum größten Teil. Meine größte Beschwerde ist, dass einige Elemente der Story nicht aufgelöst wurden.

  • Kurzweiliger Spaß mit für Mörk Borg angemessenem Ideenreichtum 
  • Genau das richtige Maß an Worldbuilding, Charakterdarstellung und Action
  • Nettes Bonusmaterial (das aber bei Ebook und Hörbuch untergeht)
  • Unaufgelöste Mysterien
  • Sprachliches Mittelmaß mit einigen Wortwiederholungen

Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen. Ich empfehle es allen, die Lust haben, ein bisschen tiefer in die Sterbende Welt einzutauchen.

Wer Mörk Borg noch nicht kennt, sollte hingegen lieber mit der offiziellen Settingbeschreibung einsteigen. Zum Beispiel in diesem wundervoll vertonten Youtube-Video mit der Grabesstimme von Wayne June.

Alle Bezugsquellen findest du auf der Exlibris-Seite von Whispers of the Dead Saint.

 

Wenn du mehr über Mörk Borg lesen möchtest, interessiert dich vielleicht mein Erfahrungsbericht, oder die Rezensionen zu den Abenteuern Den of Disarray und BÖESER. Und wenn dir das Review von Whispers of the Dead Saint gefallen hat, freue ich mich über einen Klick auf das graue Herz hier unten links. Jedes Like schiebt Nechrubels Kalender um einen Tag auf.

 

4 Kommentare zu Rezension: Whispers of the Dead Saint (Mörk Borg)

  1. Sorry für die späte Antwort, hab keine Mitteilung bekommen das du eine Antwort geschrieben hast. 🙂

    Tatsächlich bin ich der gleichen Meinung, aber bei Pronog unsicher und Io ist für mich ein Gutterborn Scum. Finde das passt einfach am besten.

    1. Ah, interessant. Ich hatte mich schon lange gefragt, ob man hier eigentlich über Antworten informiert wird.
      Ich schätze, dafür müsste ich aber noch mehr Cookies setzen, bzw. E-Mail-Adressen verarbeiten, und das spare ich mir lieber. Je schlanker die Datenschutzhinweise, desto besser. ^^

  2. Mich hätte mal interessiert, welche Charakterklassen du den einzelnen Protagonisten zugeordnet hast.

    Sonst muss ich sagen, der Roman ist lesbar und macht Lust auf Mörk Borg.

    1. Das ergänze ich gerne noch:

      Dödz – Slayer of the Unresting
      Sohl – Fanged Deserter
      Sori – Occult Herbmaster
      Prongo – Sacrilegious Songbird
      Io – Entweder Gutterborn Scum, oder sie wurde ohne Klasse erstellt

      Bei Prongo und Io bin ich unsicher.
      Hast du andere Vorschläge?

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