Geiler Loot ist das Salz in der Suppe jedes spaßigen Rollenspiel-Moduls. Magische Artefakte oder ihr technisches Pendant sind genau das, was du brauchst, wenn du deinen Spieler*innen eine besondere Freude machen möchtest. Und genau darüber geht es in diesem Artikel:
Artefakte, die den Spielenden (und dir?) Freude bereiten.
Wenn du mit Artefakten ein anderes Ziel verfolgst – zum Beispiel Worldbuilding durch Artefakte – dann ist dies nicht der Artikel für dich.
Ordnung ins Chaos: Arten von Artefakten
Manchmal bringe ich gerne Ordnung in meine Gedanken. Dabei hilft es mir, alles in möglichst vollständige Kategorien aufzuteilen. Für Artefakte habe ich drei Aspekte gefunden, nach denen man Kategorien aufstellen kann: Eigenschaften, Balance und Dauer.
I. Eigenschaften
Artefakte bringen immer besondere Eigenschaften oder Boni mit. Je nach dem, ob diese positiv oder negativ sind, ergeben sich folgende Möglichkeiten:
- Artefakte, die einen reinen Bonus geben. Beispiel: Ein Schwert +1
- Artefakte, die einen Bonus und einen Nachteil geben. Beispiel: Eine Rüstung, die gegen Feuer schützt, aber gegen Kälte empfindlich macht
- Artefakte, die nur einen Nachteil bringen. Beispiel: Verfluchte Gegenstände, die maus nicht mehr los wird
- Der schwammige Zwischenbereich: Artefakte, deren Eigenschaft kontextabhängig ist, und daher weder offensichtlich positiv noch negativ.
Ich schreibe hier immer nur „ein Nachteil“ und „ein Vorteil“, aber es können natürlich auch mehrere sein. Das ändert nichts an der Kategorisierung. Und ich benutze „Bonus“ und „Vorteil“ synonym.
II. Balance
Artefakte, die sowohl einen Vorteil als auch einen Nachteil bringen, kann maus nochmal in folgende drei Kategorien auffächern:
- Der Vorteil ist größer als der Nachteil. Beispiel: Ein Schwert +1
- Vorteil und Nachteil sind im Gleichgewicht. Beispiele: Ein Schwert gibt +1 auf den Angriff, aber -1 auf die Verteidigung. Eine Rüstung gibt im gleichen Maße Feuer-Resistenz und Kälte-Empfindlichkeit
- Der Nachteil ist größer als der Vorteil. Beispiel: Ein Schwert gibt +1 Auf den Angriff, aber -2 auf die Verteididung
III. Dauer
Artefakte lassen sich zusätzlich noch in folgende drei Kategorien einteilen:
- Permanentartefakte, deren Wirkung dauerhaft ist. Beispiel: Ein Schwert +1
- Einmalartefakte. Beispiel: Ein Heiltrank
- Mehrfachartefakte, deren Wirkung über mehr als einmal zum tragen kommt, aber nicht immer. Beispiele: Ein Heiltrank mit drei Anwendungen. Ein Schwert +5, das zerbricht, nachdem es einen kritischen Treffer gelandet hat. Eine EMP-Drone, die einmal am Tag einsetzbar ist.
Die Qual der Wahl: Welche Kategorie ist cool?
Ich gehe davon aus, dass du ein Artefakt bauen willst, mit dem du deinen Spieler*innen (und dir selbst) eine Freude machen willst. Dann verbieten sich einige Kategorien von selbst:
Artefakte, die nur Nachteile bringen, können auf den Müll. Artefakte, deren Nachteil größer ist als der Vorteil ebenso.
Weniger offensichtlich ist dies bei folgenden Kategorien:
Abgesehen von Heil- und Zaubertränken, kommen meiner Erfahrung nach Einmalartefakte bei Spieler*innen nicht gut an. Die werden gerne gehortet, aber nie verwendet. (Mit Ausnahme von Handgranaten und Molotov Cocktails.) Wenn du deinen Spieler*innen also eine Freude machen willst, wähle eine andere Artefakt-Kategorie.
Ähnlich ist es bei Artefakten, deren Boni und Mali sich ausgleichen. Wenn du so richtig für Begeisterung sorgen willst, dann sollte der Vorteil immer überwiegen. Je stärker er überwiegt, desto mehr Begeisterung ruft das Artefakt hervor. Aber denk dran: Begeisterung ist nicht alles. Das Schwert +100 sorgt für große Augen bei deinen Spieler*innen, aber für noch größere Kopfschmerzen bei dir selbst, wenn es darum geht, die nächsten Sessions vorzubereiten.
Welche Kategorien sind also cool?
Ganz klar:
- Permanent- oder Mehrfachartefakte, die
- nur Vorteile geben, oder:
- bei denen die Vorteile größer sind als die Nachteile
Eigenschaften sind besser als Zahlen
Das klassische Schwert +1 hat einen schlechten Ruf als langweiliges Artefakt. Das heißt nicht, dass es keine coole Belohnung ist. Vor allem, wenn die +1 deutlich ins Gewicht fällt. Die meisten Spieler*innen kannst du mit einem Schwert +5 oder einer Handfeuerwaffe mit +7 so richtig glücklich machen. Da ist gar nicht viel Hirnschmalz erforderlich. Langweilig finden das nur Rollenspieltheoretiker*innen mit zu viel Zeit (ja, ich rede von mir), oder halt Spielleitungen, deren Ziel es war, mit dem Artefakt nicht nur die Spieler*innen zu belohnen, sondern auch ein bisschen Würze in die gemeinsame Erzählung zu bringen.
Um das zu erreichen, ist dann leider doch Hirnschmalz erforderlich.
Also was macht ein würziges Artefakt aus?
Hier kommt maus mit dem Kategorisieren nicht weiter. Freeform ist angesagt, denn: Coole Artefakte sollten vielseitig einsetzbar sein. Die Einsatzmöglichkeiten sollten von der Kreativität der Spielenden abhängig sein.
Warum? Weil es im Rollenspiel zu einem großen Teil um Folgendes geht:
- Die SL stellt die Spielenden vor interessante Probleme
- Die Spielenden finden kreative Problemlösungen
Die besten Artefakte setzen genau hier ein und unterstützen die Spielenden.
Ein cooles Artefakt ermöglicht den Spielenden neue Problemlösungsstrategien.
„Mehr Schaden verursachen“ ermöglicht keine neuen Wege. Vorhandene Spielwerte zu erhöhen, ist also nicht der optimale Weg, um ein cooles Artefakt zu erschaffen. Sondern:
Ein Artefakt ist dann vielseitig einsetzbar und ermöglicht neue Problemlösungsstrategien, wenn es Eigenschaften hat.
Eigenschaften, die über reine Spielwerte hinausgehen, könntest du auch Fähigkeiten nennen, aber lass uns hier nicht zu viel Zeit mit Begriffsfindung verschwenden. Konzepte lernt man eh am besten durch Verwendung, und nicht durch Definitionen. Also gebe ich dir ein paar
Coole Beispielartefakte
- Ein Paar unsichtbare Kettenhandschuhe
Wenn dich harte, gepanzerte Handschuhe, die dein Gegenüber nicht sehen kann, nicht zu jeder Menge Schabernack einladen, dann weiß ich auch nicht. So oder so stehst du damit nach jedem Ohrfeigenwettbewerb auf dem Siegertreppchen.
- Etwas, das explodiert
Eine Bombe, oder irgendetwas anderes, das Wumms macht. Ja, ist nur ein Einmalartefakt. Aber Regel #1, wenn es um Coolness im Rollenspiel geht, ist nunmal: Gib den SCs eine Bombe.
- Eine Tube mit einer allesklebenden Paste
Vor allem in Cyberpunk-Settings sehr beliebt, aber eigentlich überall eine gute Idee: Eine Substanz, die zwei Dinge untrennbar miteinander verbindet. Alleskleber passt an Türrahmen, auf Schuhsohlen und, wenn maus ganz gemein ist, auch auf Pfeilspitzen.
Das muss auch kein Einmalartefakt sein. Solange dieses Hilfsmittel nicht überstrapaziert wird, würde ich nicht festlegen, wieviele Anwendungen eine Tube hat.
- Das stille Kettenhemd
Nicht nur klappert es nicht, und behindert dich nicht beim Schleichen. Nein, alles, was das Kettenhemd bedeckt, macht keine Geräusche mehr. Niemand hört deinen Magen knurren, und niemand hört dich schreien, wenn du es dir über den Kopf ziehst… oder über den Kopf einer anderen Person.
- Das Fernohr
Nein, kein Schreibfehler. Mit dem Fernohr kannst du hören was sich an dem Ort abspielt, auf den du es richtest.
Coole Eigenschaften
Artefakte brauchen Eigenschaften, die den SCs neue Fähigkeiten verleihen, dann können sie auf überraschende Weise eingesetzt werden. Doch was für Eigenschaften solltest du wählen?
Zauber bieten sich vor allem an. Geh durch die Zauber-Liste des Regelwerkes, das ihr bespielt.
Wenn du das erschöpft hast, hier ein paar handgeklöppelte Eigenschaften:
- Ausdehnend
- Explodierend
- Newsletterabonnierend
- Unsichtbar
- Unzerstörbar
- Wasserdicht
tl;dr
- Coole Artefakte geben den SCs neue Fähigkeiten.
- Es sollten Fähigkeiten sein, die kreativ zur Problemlösung eingesetzt werden können.
- Die Fähigkeiten sollten mehrfach anwendbar oder sogar permanent sein.
- Wenn das Artefakt den SCs Vorteile und Nachteile bietet, sollten die Vorteile überwiegen.
Wenn du mehr darüber erfahren willst, wie man coole Rollenspiel-Encounter vorbereitet, interessiert dich bestimmt der Artikel: Abenteuer interaktiv designen.
Immer einen Blick wert ist auch die Checkliste für deine nächste Session 0.
Wirklich gute Zerlegung. Der Aspekt Lore und Intelligenz von Artefakte find ich immer wieder interessant.
Also ich verschlinge deine Blogbeiträge quasi gerade! Wirklich unglaublich hilfreich und deine SCs können sich glücklich schätzen einen SL zu haben der so viel Liebe und Gedanken in seine Planung steckt! Werde viele deiner Tipps auf jeden Fall in den nächsten Sessions mitnehmen und mich auch Mal selbst ans SL sein trauen 🙂
Danke! Mit so einem schönen Lob kann das Wochenende starten. 🙂
Freut mich besonders, wenn du Lust aufs Spielleiten bekommen hast. Probier es unbedingt mal aus.
Netter BEitrag, ich mag es ^^ Kann man sich auf jeden Fall gut dran entlanghangeln.
Freut mich! 🙂