Piraten & Pizza ist ein Erzählspiel, bei dem du um einen Piratenschatz wetteiferst. Dabei wird gegessen und getrunken.
Es kommt aus dem Hause Playfinch und erschien auf Englisch und Deutsch.
Transparenz-Hinweis
Ich habe ein kostenloses Rezensionsexemplar erhalten. Meine Meinung bleibt davon selbstverständlich unbeeinflusst. Ich bemühe mich, dir einen unvoreingenommenen Eindruck zu vermitteln. Aber ich freu mich über sowas immer, daher ist meine Wahrnehmung bestimmt positiv beeinflusst. Um das auszugleichen, war es mir wichtig, Piraten & Pizza vor dem Rezensieren testzuspielen.
Du weißt bescheid!
Voraussetzungen
Um Piraten & Pizza spielen zu können, benötigst du nebem dem Regelwerk folgendes:
- 2-8 Spieler*innen (ich empfehle 3-4),
- Snacks,
- 2W6 (zweifarbig),
- irgendwas, das einen Schatz darstellt: Kleine Goldmünzen, bunte Glassteine oder dergleichen,
- irgendwas, das Piratenschiffe darstellt, am besten kleine Gläser, damit die Schätze dort gelagert werden können,
- optional: Ein kleiner Hund, der das ganze neidisch beobachtet und hofft, dass etwas vom Essen abfällt.
Was nicht benötigt wird:
- Schreibzeug,
- Rollenspielerfahrung.
Kurz & knapp: Was passiert in Piraten & Pizza?
Im Herzen des Spiels stehen drei Dinge:
- Essen,
- Geschichtenerzählen,
- Gold anhäufen.
Gegessen werden darf ständig – solange du was zu Futtern auf dem Teller hast. Um neues Essen auf den Teller zu bringen, musst du a) an der Reihe sein, und b) eine Geschichte erzählen.
Mit dem Geschichtenerzählen wirst du nicht allein gelassen. Es gibt kleine Abenteuer-Prompts, die ausgewürfelt werden. Sowas wie: „Dein Schiff hat ein Leck. Schaffst du es, dieses zu versiegeln, bevor deine Schiffsladung ruiniert wird?“
Ob die Geschichte gut oder schlecht ausgeht, hängt dann von einem Würfelwurf ab.
Wenn sie gut ausgeht, erhältst du Gold; wenn sie schlecht ausgeht nicht. Essen erhältst du in jedem Fall.
Die Mitspieler*innen, die gerade nicht an der Reihe sind, dürfen darauf wetten, ob die Geschichte gut oder schlecht ausgeht. Je nachdem verlieren oder gewinnen sie Gold.
Anstatt Geschichten zu erzählen und Essen zu ergattern, darfst du auch ein Duell gegen andere Pirat*innen austragen. Das sind dann kleine Minispiele, die entweder auf Glück oder Geschicklichkeit basieren.
Das war’s. Komplizierter ist es nicht.
Bewertungskriterien
Mir fallen vier Kriterien ein, nach denen ein Spiel wie Piraten & Pizza bewertet werden kann.
- Leseeindruck: Sind die Regeln gut und verständlich geschrieben?
- Übersichtlichkeit: Finde ich die wichtigen Stellen während des Spielens wieder?
- Sind die Regeln gut?
- Ist der Inhalt (hier: die Abenteuer-Prompts & die Duell-Minispiele) gut?
1. Leseeindruck und Verständlichkeit
Rollenspielprodukte haben die undankbare Aufgabe, zwei Funktionen gleichzeitig erfüllen zu müssen:
- Lesevergnügen und Verständlichkeit beim Von-Vorne-nach-Hinten-Lesen auf der Couch,
- Brauchbarkeit während des Spielens.
Was 1) angeht, kann ich sagen, dass ich mich während des Lesens von Piraten & Pizza gut aufgehoben fühlte.
- Die Regeln sind ausführlich erklärt, ohne Geschwätzig zu sein. Es gab keine dunklen Textstellen, die mich ratlos machten. Der Schreibstil ist durchweg schnörkellos und klar.
- Der Text ist im generischen Maskulinum verfasst, mit Disclaimer am Ende. Das ist meine am wenigsten bevorzugte Lösung. Aber es ist eine Lösung.
- Der Text ist angenehm groß geschrieben. Menschen mit schlechten Augen müssen sich nicht quälen.
- Die schwarz-weiß Illustrationen sind gelungen und, soweit ich das sehe, alle AI-frei.
- Generell ist das Layout & Design hochgradig brauchbar. Die verschiedenen Kästen und Illustrationen helfen der Verständlichkeit. Häufige Zwischenüberschriften sorgen dafür, dass kein Abschnitt zu lang geraten ist.
Alles in allem konnte ich die ca. 65 Seiten mühelos in einem Rutsch weglesen. Offene Fragen blieben dabei keine.
2. Übersichtlichkeit für die Spielpraxis
Meinem Eindruck nach war dem Autor Übersichtlichkeit sehr wichtig. Er empfiehlt sogar die Seiten, die man vorher markieren sollte, zum Beispiel mit Büroklammern. Dafür hat er eigens eine schön gestaltete Grafik bereitgestellt… auf der passen nur leider die Seitenangaben nicht. Das ist zum Glück kein Beinbruch. Schnell genug hast du die Seiten selbst gefunden und markiert.
Ich brauchte am Ende dann auch nur die Markierungen für die Seiten 21 (Abenteuer) und 39 (Duelle).
Lästiges Hin- und Herblättern gab’s nur ein einziges Mal, und das ging auf meine Kappe. Ansonsten konnte ich auch in aller Eile immer alles finden. Das liegt nicht nur an der Übersichtlichkeit, sondern auch daran, wie unkompliziert das Spiel ist. Während des Spielens werden nur wenige Passagen aus dem Buch wirklich gebraucht.
3. Sind die Regeln gut?
Übersichtlichkeit allein macht noch kein gutes Spiel. Die Regeln müssen auch was taugen. Oder anders gesagt: Das Spiel muss Spaß machen.
Macht es.
Die Regeln sind gut.
Es kamen ein paar wirklich hanebüchene Anekdoten zustande. Je mehr wildes Zeug wir etablierten, desto unterhaltsamer wurde der Seemannsgarn. Sowas macht mir Freude.
Das Spiel wurde offenbar sorgfältig getestet bevor es veröffentlicht wurde. Daher sind Angaben, wie lange man spielen sollte (das ist abhängig von der Anzahl der Gäste), mit wieviel Gold man startet (auch abhängig von der Anzahl der Gäste), und dergleichen mehr, tatsächlich zutreffend. Bei einigen Regeln dachte ich mir vorab: „Nee, ich glaube, das mach ich lieber anders“, nur um dann im Spiel festzustellen, dass ich keine Ahnung habe, und mich auf die Angaben einfach hätte verlassen können.
Hervorheben will ich auch nochmal, dass die Regeln SEHR einfach sind. Man kann also auch noch spielen, nachdem man was vom Rum ergattert hat.
4. Ist der Inhalt gut?
Piraten & Pizza kommt mit W66 Vorlagen für Seemannsgarn, den man spinnt, während man sich Snacks auf den Teller klatscht.
Diese Vorlagen sind keine Meilensteine der Erzählkunst. Oft basieren sie auf etablierten Bildern, Figuren und Klischees. Das finde ich nicht nur nicht schlimm, sondern tatsächlich praktisch. Denn wenn die Vorlage den Fliegenden Holländer einbaut, wissen die Spieler*innen, dass sie beim Erzählen auch keine literarischen Leistungen vollbringen müssen. Das nimmt den Druck und sorgt dafür, dass ich Piraten & Pizza nicht nur mit meinen Rollenspiel-Freund*innen spielen kann.
Die Vorlagen liefern immer in einem Satz eine klare und interessante Problem-Situation. Dann folgt eine dramatische Frage, die es zu beantworten gilt. Das war’s. Genau so brauche ich das.
Die „Abenteuer“ halten sowohl meinem kritischen Blick stand, als auch dem Praxis-Test.
Dann gibt es noch Duelle – das sind kleine Mini-Games. Zu denen kann ich leider kaum was sagen. Denn die bringen kein Essen auf den Teller. Daher hatten wir nur zwei Stück ausprobiert. Die waren aber auch brauchbar, und schnell erklärt.
tl;dr
- Sind die Regeln verständlich geschrieben? Ja.
- Finde ich die wichtigen Stellen während des Spielens wieder? Ja.
- Sind die Regeln gut? Ja.
- Ist der Inhalt gut? Ja.
Tipps & Tricks
Hier noch ein paar Hinweise und Gedanken aus dem Praxis-Test.
- Ihr solltet das Spiel mit Appetit, aber auf keinen Fall hungrig spielen. Wenn deine Gäste mit grummelndem Magen bei dir ankommen, gönnt euch erstmal was zu Essen, bis der Hunger besänftigt ist. Ausgehungerte Pirat*innen mögen keine Spiele. Und niemand hat die Geduld, anderen beim Geschichten-Spinnen zuzuhören, während sich die eigenen Gedanken nur ums Pizzaessen drehen.
- Apropos Pizza: Ich weiß nicht, wie ideal Pizza für Pizza und Piraten ist. Bis du an der Reihe bist, das nächste Stück auf den eigenen Teller zu laden, ist die Pizza vermutlich schon kalt. Das spricht gegen Pizza (und warmes Essen generell). Aber da Pizza im Titel steht, kann man darauf kaum verzichten, ohne Erwartungen zu enttäuschen.
- Weil das Essen-Bekommen begrenzt ist, würde ich das Spiel nicht mit mehr als vier Spieler*innen spielen. Sonst dauert es zu lange, bis man wieder an der Reihe ist.
- Spieldauer: Im Buch steht: „Empfohlen sind für 2-4 Spieler 30-60 Minuten“. Das kam mir wenig vor. Ich hab 75 Minuten draus gemacht. Das war einer der Fälle, in denen ich auf die Expertise des Autoren hätte vertrauen sollen. 45 Minuten sind vermutlich ideal.
- Obacht: Als Gastgeber hat man ständig das Heft in der Hand. Dabei vergisst man schonmal, sich um den eigenen Teller zu kümmern. Also auch hier: Bitte nicht ausgehungert spielen.
Fazit
Piraten & Pizza hat mich überzeugt. Es ist ein Partyspiel für Leute, die lieber Rollenspiel machen als Party. Also für mich.
Sowohl fürs Lesen vorab, als auch fürs Nachschlagen während des Spielens ist das Buch maximal gut aufbereitet.
Inhaltlich überzeugt es mich auch. Die Regeln sind schlank und spaßig. Sie sitzen auch dann noch, wenn man einen sitzen hat. Die Erzähl-Vorlagen leisten genau das, was sie sollen.
Mein Tomaten-Feta-Salat ist die Wucht.
Piraten & Pizza erhält von mir das Rollenspielblog-Gütesiegel mit Perperoniwurst und Zwiebeln.