Hilfe, ich habe Lotti vergessen – Haustiere im Rollenspiel

Haustiere im Rollenspiel

Kennst du das?

Ihr seid über den lavagefüllten Abgrund des Grauens gesprungen, habt die Steilklippe des Todes erklommen, schleicht jetzt vorbei an den gefährlichen Teufelsrittern, da fällt der Spielleitung ein: „Wo ist eigentlich Kommissar Schnüffel, euer Gruppen-Hund?“

Der Friedhof der vergessenen Haustiere

Spielleitungen auf der ganzen Welt seufzen, wenn es um das Thema Haustiere oder Tiergefährten im Rollenspiel geht. Zu schnell vergisst man die Begleiter auf vier Pfoten. Und sie fallen einem erst dann wieder ein, wenn es längst schon unerklärlich ist, wie die Tiere bis zu diesem Punkt mitgekommen sein können.

Im Folgenden habe ich ein paar Tipps für dich, wie du das Problem ein für alle mal beheben minimieren kannst.

Vorab aber noch ein paar Hinweise, um Quängeleien zu vermeiden.

Drei Wege, das Problem zu leugnen

Folgende Reaktionen würde ich ablehnen, weil sie das Problem nicht lösen, sondern es abstreiten, oder es aufschieben:

  1. Einfach keine Haustiere zu erlauben, ist keine Option. Das wäre, als würde man kapitulieren. Außerdem sind fiktive Haustiere cool. Sie sind süß, und sie haaren dir nicht die Wohnung voll.
  2. Auch nützt es wenig, das Problem kleinzureden. „Haustiere spielen dann eine Rolle, wenn man an sie denkt, ansonsten ist es egal, wie der Lieblingsmaulesel Knarko von Zottel auf das Kajak gepasst hat, mit dem die Spielgruppe von der Pirateninsel geflohen ist.“ – Das klingt zunächst angenehm unaufgeregt, funktioniert aber nur, solange solche Details wirklich niemanden stören. Da man in der Regel nicht steuern kann, woran man sich stört, stellt das keinen allgemeingültigen Ausweg dar.
    Außerdem lädt dieser Weg die Spieler*innen dazu ein, künftig auf eine unschöne Problemlösestrategie zu setzen, nämlich: „Schweigen und hoffen, die SL wird das Detail vergessen“.
    Was man immerhin aus diesem Lösungsversuch mitnehmen kann, ist die Grundhaltung, dass es kein grundsätzlich spielbrechendes Drama ist, wenn mal was vergessen wird.
  3. Die Spielleitung könnte das Problem an die Spielenden abgeben. Auch damit ist es nicht gelöst, sondern nur verschoben. Ein Ansatz wie: „Ihr müsst selbst an die Tiere denken, sonst…“, klingt nach einem Kompromiss, aber nun stellt sich die Frage eben für die Spielenden: Wie schaffen wir es, unser Haustier nicht zu vergessen?

Auf diesen Wegen kommen wir nicht weiter. Schauen wir mal, was uns wirklich helfen könnte.

Drei Ideen, um dich an dein Haustier zu erinnern

Idee 1: Optische Erinnerungshilfen

Es könnte dir helfen, dich besser an dein Haustier zu erinnern, wenn du etwas siehst, das dieses Tier repräsentiert.

  • Spielst du mit Minis? Dann stelle Haustier-Minis auf den Tisch! Das gleiche gilt für Tokens im Online-Spiel.
  • Ist noch mehr Platz am Spieltisch? Dann reserviere diesen für ein Plüschtier, das das Haustier repräsentiert. Dadurch, dass es ständig sichtbar ist, denkt man eher an dieses fiktive Gruppenmitglied.

Idee 2: Wähle transportable Kleintiere

Mit dieser Idee kannst du das Problem in den meisten Situationen glaubhaft handwedeln:

  • Wähle ein kleines Haustier, das in eine Kapuze oder eine Tasche passt. Dann habt ihr immer eine Antwort auf die Frage: „Wo war Pfoten-Kalle eigentlich die ganze Zeit?“ – „In meiner Kapuze, wie immer!“

Klar, manchmal verlieben sich die SCs in die Hirschkuh Fräulein Blökbrecht, und wollen sie mitnehmen, da kann man einfach nichts machen. Aber wenn du die Wahl hast, nimm transportable Haustiere.

Idee 3: Doppeltes Investment

Folgende Idee habe ich von Optional, die du bestimmt von der großartigen Lines & Veils App kennst:

  • Vergib folgende Rollen an zwei Mitspielende:
    1. Besitzer*in des Haustiers,
    2. Spieler*in des Haustiers.
    Beide Personen haben nun ein Investment in das Tier. Investment zu haben, erhöht immer die Chancen, es nicht zu vergessen.

Wenn das Haustier ein Gruppentier ist, für das sich alle SCs gleichermaßen verantwortlich fühlen, funktioniert diese Option nicht reibungslos. Denn dann ist eine Person gleichzeitig Besitzer*in und Spieler*in. Aber dafür funktioniert diese Option besser, wenn mehrere SCs Haustiere mit sich führen. Im Optimalfall hat jede*r ein Haustier und verkörpert das Haustier eines anderen SCs.

Mit der Frage, wer das Haustier spielt, habe ich ein Thema angeschnitten, dem ich noch einen Abschnitt widmen sollte.

Wer hat das Erzählrecht an einem Haustier?

Folgendes ist eine grundsätzliche Spielregel in den meisten Rollenspielen:

Die Spieler*innen spielen nur ihre Spielercharaktere; alle Nicht-Spieler-Charaktere spielt die Spielleitung.

Für Haustiere gilt: Sie sind keine Spieler-Charaktere, daher sind sie Nicht-Spieler-Charaktere, ergo spielt sie die Spielleitung.

Aber muss das sein?

Die Spielleitung kann das Erzählrecht auch abgeben und die Spieler*innen schildern lassen, wie sich das Haustier verhält. Ob das die Chance erhöht, sich an das Tier auch in unbequemen Situationen zu erinnern, weiß ich nicht. Aber vielleicht macht es den Spielenden Spaß.

Das wäre an dieser Stelle auch mein Rat, wenn es darum geht, das Erzählrecht an den Haustieren zu vergeben: Macht keine grundsätzliche und spielübergreifende Regel draus, sondern findet heraus, was am meisten Spaß macht und worauf ihr Lust habt.

  • Bei Tieren, die von Anfang an dabei sind, bietet es sich am meisten an, das Tier in Spieler*innen-Hände zu geben.
  • Wenn die Spielgruppe sich unterwegs in die Schleiereule Dr. Keulenknecht verliebt, liegt das vielleicht daran, wie die Spielleitung diese in Szene gesetzt hat. Dann möchte die Spielgruppe vermutlich, dass die Spielleitung auch weiterhin das Erzählrecht behält.
  • Bei schweigsamen SCs kann das Vertrautentier hilfreich sein, diesen dennoch anschaulich darzustellen, indem das Tier auf die Stimmung seiner Besitzerin reagiert. In diesem Fall sollte das Erzählrecht unbedingt beim Spielenden verbleiben.
    Wenn ich je einen Boron-Geweihten in DSA spielen sollte, gebe ich ihm einen Papagei. Dann muss ich nicht die ganze Zeit die Klappe halten.

Leseempfehlung und Transparenzhinweis
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6 Kommentare zu Hilfe, ich habe Lotti vergessen – Haustiere im Rollenspiel

  1. Eine wirklich hervorragende Dilemmabeschreibung. Musste viel an meinen tierischen Rollenspielbegleiter denken, der in den letzten Abenteuern auch vergessen wurde. Hier war vor allem der Reisesattel mit hundeförmiger Auspassung als in-Game-Geburtstagsgeschenk eine super Lösung und er Spielrunde, wie der Hund immer mitreist. Ähnliche Tiergeschichten aus deinen Abenteuern wären bestimmt auch eine super Fortsetzung 🙂

  2. Ich finde die Tipps zu Haustieren gut. Mich würde in einem Fortsetzungsartikel das noch etwas speziellere Thema zu „Tier“begleitern (von Hexen in DSA, sprites in Shadowrun, etc) und Erzählrecht interessieren. Die sind so halb auf dem Weg zur Intelligenz, sollen manchmal ein echtes Problem im Abenteuer lösen, sind eng verbunden mit jemandem von den Spielenden … Wie macht man das da mit Erzählrechten? Worauf sollte man achten?

    1. Gute Frage!
      Ich würde hier dazu neigen, das Erzählrecht in Spieler*innen-Hände zu geben. Tierbegleiter würde ich als einen Bestandteil des Charakters verstehen. Und den Charakter spielt nicht die Spielleitung.
      Die Hexe kann beschreiben: „Mein Rabe trägt das Päckchen über die Stadtmauer und übergibt es der Zielperson in der Stadt.“
      Und die SL kann daraufhin Proben verlangen, ob das auch funktioniert.
      Wie intelligent das Tier ist, und wie es zur Problemlösung beiträgt, obliegt also den Spielenden. Nur ob das klappt, entscheiden Würfel oder SL.
      Eigentlich genau wie bei den Aktionen des Charakters selbst. Da entscheiden die Spielenden ja auch, wie klug sie sind, und was sie zur Problemlösung versuchen, und die Rolle der SL ist nur, zu entscheiden, ob dafür Proben nötig sind.

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