Rezension: Das Greifenopfer

Das Greifenopfer von Thomas Finn gilt als einer der besseren DSA-Romane. Ich verstehe, wieso. Aber meine Güte, da sind auch ein paar echte Stilblüten drin.

Worum geht’s?

Zwei Jahre nach dem Sieg über Borbarad brodelt es im Svellttal. Mehrere Fraktionen stoßen in der Nähe Lowangens auf die Spur eines karmalen Geheimnisses.

Fünf Finger strecken sich danach aus.

  1. Die Orks,
  2. der Kult des Namenlosen,
  3. die Phex-Kirche,
  4. die Halle der Verformungen zu Lowangen,
  5. die Trolle.

Und irgendwo schwirrt noch der titelgebende Greif umher.

Daran siehst du schon: Hier wird nicht mit kleinen Brötchen gebacken.

Es steht auch wirklich etwas auf dem Spiel, das das Eingreifen dieser Fraktionen rechtfertigt. Das ist nicht selbstverständlich für einen Rollenspielroman, und damit ist einer der Gründe geklärt, weshalb Das Greifenopfer so beliebt ist.

Um wen geht’s?

Zu den point-of-view Figuren gehört Sadrak Whassoi, der Schwarze Marschall der Orks. Er erhält die Gelegenheit, seine Niederlage vor Gareth wieder gut zu machen.

Die Halle der Verformungen schickt die junge Halbelfe Mayla Mondhaar aus, die später einmal zur Vize-Spektabilität dieser Akademie wird.

Ihre Wege kreuzen sich mit Greifwin, einem zwielichtigen Gesellen, den Wahrträume nach Lowangen führten.

Prominente Nebenfiguren, die in der Erzählung Raum einnehmen, sind der Aikar Brazoragh (das Staatsoberhaupt der Orks), Erzmagus Elcarna Erillion von Hohenstein (Akademievorsteher und später der Vorsteher der Grauen Gilde), sowie einige Überraschungsgäste.

Aventurische Stimmigkeit

Das Greifenopfer ist kein generischer Fantasy-Roman, der schnell mal aventurisiert wurde. Er greift Elemente des Metaplots auf, und bedient sich reihenweise offizieller NSCs.

Da der Roman schon einige Jahre auf dem Buckel hat, hatten seine Ereignisse, und vor allem seine Figuren, viel Zeit, selbst Einzug zu finden ins offizielle Aventurien.

In mindestens drei Kampagnen lernte ich Spätfolgen des Romans kennen, oder schüttelte seinen Charakteren die Hände.

In Sachen lebendiges Aventurien erhält das Greifenopfer also die volle Punktzahl. So mag ich meine Rollenspielromane.

Schreibstil

Ich finde den Schreibstil leider überhaupt nicht gut.

Das liegt einerseits an der übermäßigen Verwendung des Verbs „scheinen“. Ständig scheint jeder nur grimmig zu gucken, nie heißt es einfach nur, der Gesichtsausdruck sei grimmig. Mich nervt das tierisch. Nicht nur hier, sondern in fast allen deutschen Romanen, die ich in die Finger bekomme. Selbst große Verlage scheinen hiervor nicht sicher zu sein.

Auch sonst störe ich mich häufig an der Wortwahl. Denn der Stil gleitet fast durchgehend ins Altbackene ab. Das soll mittelalterliche Fantasy-Atmosphäre schaffen, nehme ich an. Mich holt das nicht ab.

Der dritte und größte Stolperstein für mich sind die Dialoge. Die sind hölzern und voll mit Exposition. Tatsächlich würde mir kein Weg einfallen, wie man sie noch unechter gestalten könnte.

In diesem Beispiel herrklärt Elcarna von Hohenstein der Halbelfe Mayla deren eigene Hintergrundgeschichte:

Ich weiß, dass Ihr es als Kind nicht leicht hattet. Und das, obwohl Euer Vater, Asbert Stutenbruch, und Eure elfische Mutter, die überaus begabte Bogenbauerin Arele Mondhaar, überall in Lowangen sehr angesehen waren. Glaubt mir, ich war tief betroffen, als ich damals hörte, dass die beiden während ihrer Reise nach Tiefhusen von Orks erschlagen worden waren. Mir ist auch nur zu gut bekannt, dass Euer Onkel Grumhold und seine zänkische Frau es Euch jeden Tag haben spüren lassen, dass Ihr ein Mischling seid. Ganz davon abgesehen, dass Euch die Tatsache, dass ich Euch damals gegen Geld von Eurem Dasein als Magd auf ihrem Gut auslösen musste, offenbar nur noch verschlossener gegenüber Eurer Umwelt gemacht hat.

Ja, klar, das hat definitiv ein echter Mensch gesprochen und keine Pappfigur, die von einem verkleideten Echsenmenschen gesteuert wurde, wieso fragst du?

Fazit

Ich verstehe, wieso Das Greifenopfer so sehr gelobt wird. Man kann der Geschichte wirklich keine Hotzenplotzigkeit vorwerfen. So mag ich das.

Die Story ist interessant, die Charaktere auch, allein aufgrund ihrer Stellung im Metaplot. Ja, ich glaube, das Wort interessant trifft meinen Eindruck gut:

Das Greifenopfer ist durchgehend interessant

Um mir mehr zu geben, hätte mich der Stil nicht so sehr ablenken dürfen.

Thomas Finn ist inzwischen ein erfolgreicher Autor. Garantiert ist er mit seinem Schreibstil nicht stehengeblieben. Ich wäre neugierig, wie sich seine Dialoge heutzutage lesen. Vielleicht ja in der neuen DSA-Buchreihe, an der er mit Lena Falkenhagen arbeitet. (Mehr dazu zum Beispiel hier im Interview.)

2 Kommentare zu Rezension: Das Greifenopfer

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