Eine kolossale Abschweifung: Besuch in Oberangbar

Designers Note: Dieser Beitrag war usprünglich Teil des Artikels DSA hat ein Alleinstellungsmerkmal. Um den Ursprungsartikel ein wenig zu kürzen, habe ich diesen Teil ausgelagert. Ziel des Beitrags ist es, zu veranschaulichen, wie unvergleichlich dicht die Welt Aventurien beschrieben ist.

 

Besuch in Oberangbar

Ich folge einer Einladung meiner Verwandschaft in das friedliche Fürstentum Kosch.

Karte: Oberangbar im westlichen Mittelreich
Zwischen dem Koschgebirge und dem Reichsfort, nordwestlich von Angbar, liegt unser Ziel: Oberangbar

 

Tante Schotterbier lebt mit ihrem Mann in der kleinen Siedlung Oberangbar. Oberangbar ist Teil der Baronie Oberangbar. Die Baronie Oberangbar ist Teil der Grafschaft Hügellande. Die Grafschaft Hügellande ist natürlich des Fürstentums Kosch. Und der Kosch ist eine der Provinzen des Mittelreiches.
Die Kaiserin des Mittelreichs heißt – wie alle wissen – Rohaja von Gareth. Sie ist seit 1022 BF auch die Königin vom Kosch. An ihrer Stelle vertrat sie aber bis 1041 BF der treue und sanftmütige Fürst Blasius vom Eberstamm. Die Grafschaft Hügellande wird seit 1029 BF von Graf Wilbur vom See und der Hügellande regiert. Und kurz bevor du denkst, diese Namensaufreihung wird jetzt zu langweilig, lass dir gesagt sein: Im Jahr 1003 BF wurde Smeagol von Oberangbar zum Baron von Oberangbar ernannt.

Der Baron von Oberangbar und die Baronin von Ilsur

Smeagol war ein Spielercharakter, der es neben vielen anderen im irdischen Jahr 1988 ins offizielle Aventurien geschafft hat (Aventurischer Bote 16, siehe auch: Lehensvergabe 1004 BF). Das mag inzwischen nicht mehr Teil des Kanons sein, aber eher löse ich derer Rätsel drei, als dass ich dies akzeptieren würde. In meinem Aventurien existiert er auf jeden Fall noch.
Garantiert verstorbenen sind hingegen auch in meinem Aventurien die Herren Aragon von Havena (Baron vom Windhag) und Aragon von Born (Baron von Shamahan).
Aber nicht alle Spielercharaktere, die 1988 belehnt wurden, sind aus dem Kanon verschwunden: Eine Zeitgenossin der Herren Aragon und Smeagol ist Llezean von Yyoffrynn-Thama. Sie ist die ehemalige Baronin von Ilsur und amtierende Großmeisterin der Grauen Stäbe. Llezean hat nicht nur den schönsten Namen in ganz Aventurien, sie hat es auch geschafft, bis heute in offiziellen Publikationen aufzutauchen, ja sie erlebt sogar ihre Tochter Lleara-Dhana von Yyoffrynn-Thama als Nachfolgerin im Amt der Baronin von Ilsur.

Anzeige ist raus

Jetzt habe ich aber wirklich viel zu weit hereingezoomt… aber bevor wir die Kamera ausschalten, möchte ich meinen Punkt noch unterstreichen: Die Dichte der Weltbeschreibung unterhalb der Provinzen erschöpft sich nicht darin, dort ein paar Herrscherrinnen zu benennen. Über die Koscher Grafschaft Hügellande weiß ich zum Beispiel auch, dass hier viel Obst und Fisch gegessen wird. Ich kann sogar sagen: Es sind vor allem Äpfel, Birnen, Pflaumen, und Kirschen; sowie der geschuppte Angbarsch, der Rondra-Hecht und der Seegraf, die hier als Delikatessen gelten.
Was ich allerdings nicht weiß, ist der Seemannsgarn, den die Regionalspielhilfe „Am Großen Fluss“ spinnt: Dort heißt es auf S. 139, es stünde zwischen der Baronie Oberangbar und den Baronien Vonansamt und Garnelhaun eine schaurige „Blattlose Eiche“. Das mag ja noch stimmen. Auch dass hier 1028 BF ein Tradan von Unterangen erhängt aufgefunden wurde, mag noch stimmen. Aber dass dieser Mann „Baron von Oberangbar“ gewesen sein soll, das widerspricht dem gesunden Menschenverstand, der guten Sitte, dem Tagebuch Smeagols von Oberangbar, und nicht zuletzt rüttelt diese Mär an den Grundfesten Alverans, weshalb ich die AutorInnen der Regionalspielhilfe bei der Inquisition angezeigt habe.
Was für eine kolossale Abschweifung.

Welchen Punkt wollte ich hier machen, außer die Herrschaftsverhältnisse Oberangbars ein für alle mal zu klären?
Nun, welchen Punkt habe ich denn gemacht? Ich habe gezeigt, wie tief man in DSA versinken kann, ohne sich auch nur eine einzige Kleinigkeit selbst auszudenken. Denn die Beschreibung der Welt Aventurien ist so voll und dicht wie ich mir wünschte, dass mein Haaransatz noch wäre!

 

Genug der Abschweifung. Hier gehts – mit Sprunglink – zurück zum Ursprungsartikel: DSA hat ein Alleinstellungsmerkmal. Oder möchtest du noch länger in Aventurien verweilen? Dann geht es hier zur nächsten kolossalen Abschweifung: Die Veränderlichkeit Ilsurs.

2 Kommentare zu Eine kolossale Abschweifung: Besuch in Oberangbar

  1. Ohne Zweifel, so dicht ist nur Aventurien. Selbst die hochdetaillierte HârnWorld (das Setting von HârnMaster) kommt nicht auf diesen Auflösungsgrad und hat auch keine fortlaufende Geschichte. Letzteres ist m. E. nicht nur Fluch, sondern auch Segen, denn ein Hârn-SL (oder auch “Harnleiter” 😉 ;)) muss nicht darum bangen, dass seine Eigenentwicklungen irgendwann durch offizielle Veränderungen Widersprüche erfahren. Da hat man sich auf ein fixes Jahr geeinigt, für das seit den 80ern Produkte erscheinen.

    Immerhin: Ich mag Aventurien und seine Lebendigkeit — trotz all meiner Probleme mit dem offiziellen Regelwerk. Um viele Medien aus dem deutschsprachigen Raum mache ich einen großen Bogen, aber Aventurien ist hier eine große Ausnahme. Unter den Fantasywelten kann es sich wirklich sehen lassen!

    Übrigens bin ich wie Du der Meinung, dass auch die ganz frühen Anfänge Aventuriens nach bester Möglichkeit im Kanon erhalten bleiben bzw. dahin zurückfinden. Falls nötig, muss man da eben Namen leicht abwandeln, um keine Probleme mit Tolkien Enterprises zu bekommen. 🙂

    1. Okay, um den Harnleiter mental zu verarbeiten, werde ich noch ne Woche brauchen. XD
      Der Punkt mit den potentiellen Widersprüchen bei Eigenentwicklungen trifft genau ins Schwarze. Wer Lust hat, selbst kreativ zu werden und sich Abenteuer und Setting auszudenken, der hat tausend bessere Möglichkeiten als DSA. Wer hingegen Fertigabenteuer und Kampagnen leiten will (die ja auch immer noch viel Eigenarbeit kosten), der ist bei DSA goldrichtig.
      Je nach persönlicher Vorliebe oder Stimmung bietet sich DSA stark an oder eben nicht. Darauf, dass man DSA eben nicht in jeder Stimmung gleich gut gebrauchen kann, wird aber meines Erachtens viel zu selten deutlich hingewiesen. Ergebnis ist dann, dass eine Menge potentieller Spaß flöten geht, oder dass Leute glauben, Rollenspiel sei generell nichts für sie, weil sie vom engen (aber hübschen) DSA-Korsett frustriert sind.

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