Drama in The Wildsea [Blogparade]

Letztes Jahr spielte ich eine Kurzkampagne The Wildsea. Geleitet hat Ben, Barti spielte eine Motte, die nach jeder Verpuppung das Gedächtnis verliert; the Carecrow spielte ein lebendig gewordenes Schiff, und Josef einen Kaktus, der sich seine Nadeln abfeilte.

Und ich? Ich spielte einen Menschen.

Warum erzähle ich das?
Dies ist ein Beitrag zu gleich zwei Blogparaden: Meiner eigenen Drama-Parade, und der Parade Erzähl von deinem Lieblingscharakter aus dem Gedankenteiler-Blog.
Ich erzähle also vom persönlichen Drama einer meiner Charaktere. (Leser*innen meines Blogs wissen: Ich mags persönlich.)

Drama in The Wildsea

The Wildsea: Das Setting

Im Erzählrollenspiel The Wildsea ist die Welt untergegangen, ganz wörtlich, in einem nicht enden wollenden Wald, der nun die gesamte Erdoberfläche überspannt.

Die überlebenden Zivilisationen leben in den Wipfeln der Bäume. Schiffe mit gewaltigen Sägen schleifen sich durch die wilde See aus Vegetation.

Menschen sind nicht länger die vorherrschende Spezies. Eine Vielzahl neuer Wesen hat Bewusstsein erlangt und bevölkert die wenigen Städte, die sich über den Bäumen halten können.

Amber – aus Bernstein geschlüpft

Erst nach drei Sessions erhielt mein Charakter einen Namen: Amber. Ihre Crew-Mitglieder tauften sie so. Denn sie war aus Bernstein geschlüpft. An ihren richtigen Namen erinnerte sie sich nicht.

Amber stammte aus der Zeit vor der Katastrophe, als es noch so aussah, als würden die Menschen die Wälder zerstören, und nicht umgekehrt.

In einem Gefängnis aus Bernstein schlief Amber hunderte von Jahren. Bis sie eines Tages von einer Schiff-Crew befreit wurde. Sie fand sich plötzlich in einer Welt wieder, die sie nicht kannte, und deren Regeln weit entfernt waren von dem, was sie bisher für möglich gehalten hatte.

Ambers Erinnerungen an ihr früheres Leben waren lückenhaft. Nur Bruchstücke hatten ihren langen Schlaf überdauert. Und das Schlimmste: Die Fragmentierung ihrer Erinnerung ging weiter voran. Sie vergaß immer mehr Details aus ihrem früheren Leben: Wie man ein Auto fährt; wie schön das Meer gewesen ist; ihre erste Liebe; ob sie eine Familie hatte…

Immerhin machte sie neue Erinnerungen. Dinge, die sie sich nie hätte träumen lassen. Etwa, wie man mit einem einzigen Wort die gesamte Realität ändern konnte, wenn man es nur laut genug SCHRIE.

Das Drama beginnt mit einem Zeitungsartikel

Einer meiner Lieblingsmomente in unserer Kampagne war der Besuch einer Bibliothek, in der sich Amber eine Krankheit zuzog: Sie konnte nicht mehr sprechen, es sei denn, sie las die Worte aus einem Buch vor. Ben händigte mir drei Bücher aus seinem Regal aus, und ich musste dort die Worte finden, die ich sagen wollte, oder wenigstens welche, die grob in die Nähe der Botschaft kamen, welche ich vermitteln wollte. Das war großer Spaß.

In dieser Bibliothek fand Amber auch ein Relikt aus ihrer Zeit: Einen Zeitungsartikel über einen Protest. Bevor sie ihn lesen konnte, tauchte ein gewaltiges Büchermonster auf. Amber musste eine schnelle Entscheidung treffen: Den Zeitungsartikel mitnehmen, oder das Buch, für das sie die Bibliothek überhaupt erst aufgesucht hatten.

Schweren Herzens griff sie zu dem Buch und sah den Artikel im Büchermeer verschwinden…

Die Demonstrantin

Dieser Protest, um den es im Zeitungsartikel ging, ließ Amber nicht mehr los. Eine verschüttete Erinnerung aus ihrer Vergangenheit kam hervor: Reiche Menschen hatten einen Weg gefunden, die kommende Katastrophe zu überleben. Die Armen gingen leer aus. Amber war Teil einer Demonstration gegen diese ungerechten Verhältnisse gewesen.

Das spiegelte auch die derzeitigen Verhältnisse wider: Amber und ihre Crew legten sich mit dem Leech Consortium an. Das waren gierige Raffzähne, die immer größere Teile der Wildsea kontrollierten.

Wieder und wieder geriet Amber mit ihnen zusammen. Meistens zu Ungunsten des Consortiums.

Amber versenkte eines ihrer Schiffe ganz direkt. Andere wurden von ihr und ihrer Crew geplündert. Widerstand wurde organisiert.

Das Consortium hatte es auf Amber und ihre Crew (aber vor allem auf Amber) abgesehen.

10.000 Meilen unter dem wilden Meer

In der finalen Sitzung der Kampagne wagte die Crew eines der gefährlichsten Manöver der wilden See: Sie tauchten an den Grund des Waldes; sie versuchten, den richtigen, echten Boden zu finden, dort unten in der Dunkelheit, wo die Realität nur noch wenig Macht besitzt. Bisher war noch niemand von dort wieder aufgetaucht.

Ob sie es wirklich wagen sollten? Für Amber war dies eine leichte Entscheidung: An der Oberfläche war es für sie inzwischen nicht weniger gefährlich geworden. Das Leech Consortium jagte sie in jedem halbwegs sicheren Hafen.

Also stieg sie hinab. Dort unten fand sie, was sie lange gesucht hatte: Ihre Erinnerungen. Aber die waren nicht das, was Amber sich vorgestellt hatte. So gar nicht.

Die Wahrheit

Amber war auf den Protesten gegen die Reichen gewesen, ja. Aber nicht als Demonstrantin. Nein, sie stand auf der falschen Seite. Denn sie kam aus einer der reichen, privilegierten Familien. Amber war Teil des Problems gewesen. Und, was noch viel schlimmer war: Amber war mitverantwortlich für die grüne Apokalypse. Die Reichen hatten die Katastrophe ausgelöst, und sich dann bequem in Bernsteinkapseln gerettet, um wiederaufzustehen, wenn die Sache sich geregelt hätte.

„I brought this all on myself.“

„Ich hab mir das alles selbst eingebrockt“, musste Amber erkennen. Diese seltsame Welt, in der sie erwacht war, in der jeder Tag ein Kampf ums Überleben war, in der die gesamte Umwelt ständig versuchte, sie zu verschlingen, all das war auch auf ihrem Mist gewachsen.

Amber war keine von den Guten.

Epilog

In der letzten Szene unserer Wildsea-Kampagne gab es ein kurzes Schlaglicht in die Zukunft: Man sieht Amber, wie sie eine Demo anführt; einen Protestmarsch gegen das Leech Consortium. Diesmal stand sie auf der richtigen Seite.

Ende.

1 Kommentar zu Drama in The Wildsea [Blogparade]

  1. Krass, dass noch Mal so zusammen gefasst zu lesen – hab viele Gedankengänge von Amber gar nicht mit bekommen auch das die Szene in der Bibliothek so entscheident für sie war. Sehr cool 👍🏼

    Ich kann mich noch sehr deutlich Erinnern wie wir Amber aus dem Stein geholt haben der drohte im Baummeer zu verschwinden glaube Amber schrie die ganze Zeit nur weil ein sprechendes Schiff, ein Kaktus und einer riesen Motte sie gegrüßten 😁

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